wie und warum
vor einigen jahren sah ich eine fantastische ausstellung der fotografin signe brander in helsinki, die im auftrag der stadt helsinki 1903 – 1906 die stadt und das leben in ihr dokumentierte. ein teil der ausstellung zeigte eine gegenüberstellung alter und neuer bilder. ich fand diesen 100-jahres-spagat faszinierend! wenig später, in vilnius, litauen, kam ich über ein italienisches buch aus den 60er jahren, das die stadt padua betreffend alt- und neuansichten gegenüberstellte, auf die idee, dies jetzt selbst zu tun.
ich war als kind einmal in padua, habe aber ansonsten keine beziehung zu der stadt. dennoch saß ich oft – gerne mit lupe – und studierte die bilder und die veränderung, die sie zeigten.
ein altes bild wieder entstehen zu lassen hat etwas magisches an sich, es schafft eine verbindung zur vergangenheit, es schafft verbundenheit.
als fotograf ist es eine herausforderung, sich in die bilder eines anderen fotografen hineinzudenken, blende, perspektive, fokuspunkt wiederzufinden. dass viele der alten fußwege nicht mehr vorhanden sind und dass das, was früher feld oder land waren, heute haus oder garten sind, macht die sache nicht leichter.
als ich mich 2013 entschloss, das erste buch der späteren serie ‘forandring’ (veränderung) in meinem heimatort grimstad in südnorwegen zu machen, merkte ich bald, dass die alten bilder und die arbeit damit menschen auf einmalige art berührten und engagierten. ich bekam hilfe aus allen richtungen und hatte die ganze zeit rückenwind. das war mit dem buch ‘veränderung wien’ nicht anders. ich fand alle bilder, die ich für die arbeit mit dem buch brauchte, in der bildersammlung der österreichischen nationalbibliothek, wo uns in jeder hinsicht geholfen wurde.
viele passanten halfen mir, die alten plätze wiederzufinden, und erinnerungen an meine studienzeit in wien halfen etwas. an dieser stelle ist es wohl auch angebracht, einen dank auszusprechen an alle wienerinnen und wiener, die mich mit meinen kameras, meinem assistenten und der bildermappe durch ihren garten stapfen ließen, auf ihr dach klettern ließen oder mich in ihre wohnung ließen, auf der suche nach dem richtigen fenster, aus dem vor 100 jahren ein fotograf eine aufnahme gemacht hat.
einen dank an meine frau maria für die redaktionsarbeit, meinen bruder ernst, der mich herumchauffierte, meine schwester claudia, die mich während der fotoarbeiten beherbergte und an die tüchtige grafikerin silje granhaug in norwegen, die dem buch das finish gibt, das es braucht.
bei der auswahl der alten bilder versuche ich unvoreingenommen zu sein.
das buch ist zwar in seiner direkten gegenüberstellung zweier augenblicke ein geschichtsbuch, aber in gleichem maße ist es ein ästhetisches werk das geschichte vermittelt. ich versuche nicht, mit dem buch stellung zu nehmen, sondern objektiv alte fotografien so genau wie mir möglich wiederzugeben. die nutzungsrechte für die alten aufnahmen erwarb ich bei der österreichischen nationalbibliotek. alle neuen fotos sind im september 2016 gemacht worden.
ich habe mir mühe gegeben, die alten bilder so genau wie möglich im hinblick auf lichtverhältnisse, standpunkt und fototechnische daten zu rekonstruieren. trotzdem ließ sich nicht jedes alte bild immer 100 % präzise reproduzieren, wenn zu wenige anhaltspunkte gegeben waren, um auf den zentimeter genau den gleichen standpunkt einzunehmen. aber in allen bildern, die in diesem buch mitgekommen sind, ist die genauigkeit innerhalb einer engen toleranz. die alten bilder sind alle vor der ausbreitung von farbfotografie gemacht worden, daher habe ich auch die neuen aufnahmen monochrom redigiert.
ich hatte mit der arbeit an dem buch viel freude, und nicht weniger schön war es, die fertigen bilder zu sehen. ich hoffe, dass ich mit diesem buch freude und interesse für unsere vorzeit schaffen kann und auch vielleicht ein nützliches werkzeug für diejenigen liefere, die mitbestimmen, wie diese schöne stadt in der zukunft aussehen soll.
Text: Peter Lukas