Das titelgebende “Peripher” fungiert in den Werken des Schweizers Andreas Tschersich, der seit 14 Jahren in Berlin lebt, als strukturelles, ästhetisches und mentales Moment. Es verweist auf Orte des Übergangs und Durchgangs, die sich einer eindeutigen Verortung, Normierung und Begrenzung entziehen. Tschersich porträtiert urbane Landschaften, wobei Menschen, Sorgfalt, Gewohnheit und Nutzen stets verborgen bleiben. Der Tenor ist derselbe, unabhängig davon, ob die Szenerie sich in Charleroi, Liverpool, New York oder Tokyo befindet. Tschersichs Bilder sind universell, wirken aber nie fremd, nie abweisend, sondern sind in ihrer banalen Realität auch jenen vertraut, die diese Orte noch nie besucht haben.
Tschersich sucht zwar bewusst nach Motiven, doch manchmal fallen sie ihm auch einfach zu. Die Kunst, sich zu verirren und das Verirrtsein als kreatives Moment zu nutzen, beherrscht er. So ist es auf Spaziergängen bisweilen plötzlich da — das Gefühl, das er in seiner Arbeit vermitteln möchte. Es ist das Wahrnehmen eines Augenblicks auf der Kippe, der Moment vor der Entscheidung: Verwahrlosung oder Aufwertung, Gefahr oder Geborgenheit. Alles kann geschehen an Tschersichs Orten.
Er mag seine Bilder weder als Architekturfotografien bezeichnen noch sieht er sie in direktem Bezug zu Bernd und Hilla Bechers Werk, obwohl auch er durchaus in einer Traditionslinie mit jenen Fotografen steht, die seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Verhältnis des Menschen zu seiner (gebauten) Umwelt festhalten. Um dem “menschlichen Blick”, dem Erleben eines Moments, möglichst nahe zu bleiben, bedient er sich einer digitalen, für den Betrachter unsichtbaren, Montagetechnik: Er fügt mehrere Mittelformat-Negative zu einem grossen Bild zusammen, um grössere Ausschnitte darzustellen und perspektivische Verzerrungen zu vermeiden, die bei einer mechanisch-konstruierten Einzelaufnahme einer Grossbildkamera unumgänglich wären.
Andreas Tschersich möchte unter Zuhilfenahme der Technik nicht die Wirklichkeit verfälschen, sondern sich dieser “so eng als möglich anschmiegen”.