Michel Würthle: le cinéma de la vie

Würthle, Michel

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1972 eröff­ne­te Michel Würth­le zusam­men mit sei­nen Freun­den Ingrid und Oswald Wie­ner das Restau­rant EXIL in Kreuz­berg. Ich weiß nicht, aus wel­chem Grund das EXIL schnell zum wich­tigs­ten Lokal der Ber­li­ner Sze­ne wur­de – viel­leicht ganz ein­fach, weil hier manch ein ver­bann­ter Künst­ler beson­ders will­kom­men gehei­ßen wur­de. Dort am Land­wehr­ka­nal tra­fen sich deut­sche und aus­län­di­sche Künst­ler, Schau­spie­ler und Regis­seu­re, ohne dass nach ihrer Her­kunft oder ihren Papie­ren gefragt wur­de; dort voll­zog sich der Wan­del von einer loka­len, fast pro­vin­zi­el­len zu einer inter­na­tio­na­len Sze­ne. So wur­de das EXIL zu einem der inter­es­san­tes­ten und leben­digs­ten Orte der Stadt, mit denen Ber­lin sei­nen Ruf als allen offen ste­hen­de, kos­mo­po­li­ti­sche Stadt für Nacht­schwär­mer wie­der­zu­er­lan­gen vermochte.

Der dort ver­keh­ren­de Kreis von Künst­lern bestand mit­un­ter aus Joseph Beuys, Die­ter Roth, Gün­ter Brus, Wal­ter Pich­ler, Richard Hamil­ton, Edu­ar­do Pao­loz­zi, Georg Bas­elitz, Mar­kus Lüpertz, Maria Lass­nig oder Mar­tin Kip­pen­ber­ger, um nur von jenen zu spre­chen, die ich unter den Hun­der­ten von Zeich­nun­gen ent­de­cken konn­te, die Würth­le in über 25 Jah­ren geschaf­fen hat. Er pfleg­te eine Art pro­fes­sio­nel­len Umgang mit ihnen – die meis­ten waren Freun­de –, weil er es sich selbst­ver­ständ­lich nicht leis­ten konn­te, mit ihnen immer nur zu essen und zu trin­ken. Würth­le führ­te den Betrieb und sorg­te dafür, dass alles rei­bungs­los ablief, wobei er das Geschäft­li­che mit jenem spe­zi­el­len Ambi­en­te zu ver­bin­den wuss­te, das man dort such­te. Wir dür­fen kei­nes­falls ver­ges­sen, dass die gas­tro­no­mi­schen Beru­fe zu den anstren­gends­ten, wirk­lich auf­rei­ben­den Tätig­kei­ten gehö­ren. Was Würth­le nicht davon abhielt, sei­ne Gäs­te zu beob­ach­ten und sich vom Zau­ber die­ser unge­wöhn­li­chen Kli­en­tel anste­cken zu las­sen, die – para­do­xer­wei­se – im EXIL ihr gelob­tes Land fand.

Das Geschäft flo­riert gut. 1979 ver­kauft Würth­le das EXIL, um gemein­sam mit Rei­nald Nohal die zen­tra­ler gele­ge­ne PARIS BAR zu über­neh­men, die im Nu zu dem mythi­schen Ort wird, der sie noch heu­te ist. Die Per­sön­lich­keit von Michel Würth­le wirkt wie ein Magnet. Die bes­ten Künst­ler tau­schen nach wie vor Geträn­ke und Mahl­zei­ten gegen Arbei­ten, die schnell die Wän­de vom Boden bis zur Decke pflas­tern. Man geht dort­hin, um die­se neue Höh­le von Ali­b­a­ba zu sehen, die­ses Café zu bewun­dern, das das Prin­zip der Colom­be d’Or in Saint-Paul de Vence oder der Kro­nen­hal­le in Zürich mit dem Spott und der Selbst­iro­nie der den Pla­ne­ten über­flu­ten­den Punk­be­we­gung ver­bin­det. Das Punk­f­lair wird sich nie ganz aus der PARIS BAR ver­flüch­ti­gen – eine Per­sis­tenz, die Rät­sel auf­gibt, aber wohl in der Per­sön­lich­keit von Michel Würth­le zu fin­den ist. Er ist nicht nur mit Haut und Haar ein pro­fes­sio­nel­ler Wirt, er ist auch – hin­ter der Mas­ke der Beschei­den­heit, dem auf­rich­tig ver­le­ge­nen Lächeln – ein Künstler.

Aus­stel­lung:
CFA Con­tem­pora­ry Fine Arts, Ber­lin, 8 – 22/9/2018

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Englisch

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120

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