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In der Zeit, als der “Neorealismo” die optische Sprache prägte, entwickelte sich Pietro Donzelli zum Hauptvertreter der subjektiven Fotografie in Italien. Sein Augenmerk galt den Momenten, in denen sich das Lebensgefühl der Menschen ausspricht, und den Stimmungen, in denen das Wesen der italienischen Landschaft sichtbar wird. Sein Hauptverbündeter ist dabei das Licht und dessen beleben de Wirkung auf die Dinge.
Donzellis Gegenstände sind nie spektakulär, sondern durchwegs alltäglich, doch das Licht, das auf ihnen ruht, ist magisch und macht aus den belanglosesten Szenen poetische Bilder, die ihren intimen Reiz auch bei vielfachem Betrachten nie verlieren. Im Gegenteil: Wer Donzellis Bilder eines glitzernden Stückes Meeresstrandes oder munter flatternder Wäsche betrachtet, wird sich unversehens vom Hauch des italiensichen Sommer angeweht fühlen. Sein Foto eines kleinen Kiosks im Halbschatten einer neapolitanischen Gasse läßt fast physisch verspüren, was der Süden und seine Lebensart ist.
Oder der fahle lastende Himmel über der überschwemmten Po-Ebene — die Melancholie dieser Landstriche könnte kaum intensiver ausgedrückt sein.Die Bewegung dieser ersten großen Donzelli-Monographie in deutscher Spra che ist denn auch von der Landschaft geprägt. Die Reise geht von Norden nach Süden. So individuell und facettenreich die Bilder und Gegenden sind, so unverkennbar italienisch sind sie doch alle.
Dabei haben sich Donzellis Fotos zugleich eine merkwürdige Zeitlosigkeit bewahrt; aufgenommen zumeist in den 1950er und 1960er Jahren, kann man das in ihnen einfangene Lebensgefühl noch heute empfinden. Es ist das Licht, das die Zeiten verbindet, aber auch Donzellis Anteilnahme und Liebe für die elementaren Dinge des menschlichen Lebens, die in all seinen Bildern unvergeßlich zum Ausdruck kommt.
Katalog zur Ausstellung in der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen in Rüsselsheim, 2015