Landschaften

Almond, Darren/Blechen, Carl

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Knapp zwei Jahr­hun­der­te lie­gen zwi­schen den Land­schafts­bil­dern in die­sem Buch: den Zeich­nun­gen und Ölskiz­zen des deut­schen Malers Carl Ble­chen (1798–1840), der am Über­gang von der Roman­tik zu Rea­lis­mus und Vor­i­m­pres­sio­nis­mus steht, und den Foto­gra­fien des bri­ti­schen Kon­zept­künst­lers Dar­ren Almond (geb. 1971), des­sen Werk um The­men wie Zeit, per­sön­li­che Erin­ne­rung und kul­tu­rel­les Gedächt­nis kreist. Im Jahr 1828 war Ble­chen zu einer Ita­li­en­rei­se auf­ge­bro­chen, in deren Ver­lauf er hun­der­te von Zeich­nun­gen fer­tig­te und zur Unmit­tel­bar­keit des Aus­drucks fand, für die er heu­te noch berühmt ist. 2014 reis­te Dar­ren Almond auf den Spu­ren Ble­chens über die­sel­ben Alpen­päs­se. Er foto­gra­fier­te Nacht­land­schaf­ten unter dem Licht des Voll­monds für sei­ne Serie Full­moon und schwarz­wei­ße Tages­auf­nah­men, direkt inspi­riert von der Fas­zi­na­ti­on für das Licht des Südens in Ble­chens ita­lie­ni­schem Amalfi-Skizzenbuch.

Die­se Fas­zi­na­ti­on ver­bin­det bei­de Künst­ler, wie Anna Schultz in ihrem Essay schreibt: „Die Prä­senz (und Absenz) von Licht ist hier, und das gilt für Almond und Ble­chen glei­cher­ma­ßen, bild­de­fi­nie­ren­de Vor­aus­set­zung der Dar­stel­lung und das zen­tra­le The­ma schlecht­hin.“ Zuerst mit sei­ner Aus­stel­lung in der Gale­rie Max Hetz­ler, und jetzt in einer aus­führ­li­che­ren Aus­wahl in die­sem Buch, insze­niert Almond die Begeg­nung der unter­schied­li­chen Blick­win­kel. Über die Fas­zi­na­ti­on des Lichts und den spe­zi­fi­schen Ort hin­aus, fin­den sich vie­le Berüh­rungs­punk­te durch das Geschichts­be­wusst­sein und das Gespür für die ver­gan­ge­ne Zeit in den Land­schafts­bil­dern der bei­den Künstler.

DER GLEICHE ORT, DER EIN ANDERER IST
(Aus­zug aus dem Essay von Peter Pakesch)

Wenn sich Almond für sein Amal­fi Sketch­book (2014) nach Ita­li­en begibt, um dort auf den Spu­ren von Carl Ble­chen zu foto­gra­fie­ren, dann kommt es zu einem dop­pel­ten Bruch der roman­ti­schen Hal­tun­gen, der eine prä­zi­se Prü­fung von Wahr­neh­mun­gen erlaubt. Schon Ble­chen ist nicht mehr der Roman­ti­ker, der von der Natur über­wäl­tigt wird. Die von ihm wahr­ge­nom­me­ne Natur ist bereits zum Kam­mer­spiel gewor­den. Er ver­bin­det in sei­nen ita­lie­ni­schen Ansich­ten das kul­tu­rel­le Gedächt­nis mit land­schaft­li­chen Insze­nie­run­gen. Ihn inter­es­sie­ren die Effek­te des süd­li­chen Lichts, und wie­der­um ver­leug­net er dabei sein Wis­sen als Thea­ter­ma­ler nicht: Die Male­rei wird zur Büh­ne des Lichts. „Pro­to­im­pres­sio­nis­tisch“ wird man spä­ter dazu sagen. Die Foto­gra­fie soll­te in die­sen Jah­ren erst erfun­den wer­den, doch der male­ri­sche Geni­us anti­zi­piert sie ange­sichts des kräf­ti­gen Ein­drucks, den das star­ke süd­li­che Licht dem Nord­län­der gemacht hat. Ein Umstand, der den Foto­gra­fen Almond inter­es­siert haben muss, wenn er sich die­sen Effek­ten nähert. Und es kommt so, dass ihm die Umstän­de, die Enge des Tals, die Beein­träch­ti­gun­gen in der Wit­te­rung der Voll­mond­näch­te nicht erlau­ben, wie üblich auf das Licht des Mon­des zu ver­trau­en. Er wird gezwun­gen, sich sei­ner Idee des dif­fe­ren­zier­ten Ein­sat­zes von Licht bei der Gene­se der Bil­der anders zu nähern. Wie in der frü­hen Foto­gra­fie geht es Almond dar­um, die Inten­si­tä­ten von Licht und Schat­ten, die Sze­nen der Abbil­dung zu ver­dich­ten. Star­ke Fil­ter ermög­li­chen es ihm, auch bei Son­nen­licht ent­spre­chend lan­ge Belich­tungs­zei­ten zu ver­wen­den, und eine Irrea­li­tät stellt sich ein, die sowohl der Irrea­li­tät der Mond­licht­auf­nah­men ähnelt als auch das Erstau­nen vor dem Licht in Ble­chens Tusch­zeich­nun­gen in ein ande­res Medi­um zu trans­por­tie­ren ver­mag. Die land­schaft­li­che Ver­mes­sung, die sonst in Almonds Werk die Wei­te der Welt reflek­tiert, defi­niert in eben die­sen schwarz­wei­ßen Auf­nah­men eine genau begrenz­te Sicht mit dif­fe­ren­zier­ten Räu­men und Strukturen.

Die­se Ver­mes­sung ist natür­lich auch eine der Erin­ne­rung und der Kon­ti­nui­tät von Raum. Eine Rück­ver­si­che­rung von kul­tu­rel­len Kon­stan­ten, ein Kali­brie­ren der Kunst. Der Ort erlaubt eine erneu­te Abbil­dung. Der Künst­ler fin­det den glei­chen Ort vor, im Wis­sen, dass es ein ande­rer ist.

Tex­te Peter Pakesch, Anna Schultz

In Zusam­men­ar­beit mit Gale­rie Max Hetz­ler, Berlin

Autor

Einbandart

Erscheinungsjahr

Maßeinheit

Beschreibung

Deutsch/Englisch

Seitenanzahl

60

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