Eine Autodidaktin entwickelt ihre eigene Position: Aenne Biermanns moderner Bildstil brachte Laienkunst und Avantgarde zusammen
Aenne Biermann (1898–1933) zählt zu den festen Grössen der Fotografie der 1920er- und 1930er-Jahre. Im Gegensatz zu Fotografenkolleginnen wie Florence Henri, Germaine Krull oder Lucia Moholy erfuhr sie weder eine künstlerische Ausbildung noch verkehrte sie in den Avantgardekreisen der Grossstadtzentren – und obwohl sie nur wenige Jahre fotografierte, entwickelte Biermann einen eigenen, signifikant modernen Bildstil, der sie innerhalb kürzester Zeit als Vertreterin der zeitgenössischen Avantgardefotografie etablierte. Sie richtete ihre Kamera auf Pflanzen, Dinge, Menschen und Alltagssituationen. Mittels klarer Strukturen, präziser Kompositionen mit Licht und Kontrast sowie enger Bildausschnitte entlockte sie den Motiven ihres persönlichen Umfelds eine besondere Poesie und vermittelte, wie sie 1930 schrieb, eine «Vertrautheit mit den Dingen».
Die Monografie präsentiert das Werk Aenne Biermanns als ein Beispiel für Moderneströmungen jenseits der Zentren der Avantgarde und thematisiert die Verflechtungen von Laienkunst und Avantgardefotografie in den 1920er-Jahren wie auch das Selbstverständnis bürgerlicher Frauen in Bezug auf künstlerische Produktion und individuelle Entwicklungen.
Mit Beiträgen von Simone Förster, Olivier Lugon, Stefanie Odenthal, Rainer Stamm, Katharina Täschner und Anna Volz
Simone Förster ist Kuratorin der Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne, München
In Zusammenarbeit mit der Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne, München und dem Museum Folkwang Essen
Ausstellung: Aenne Biermann — Vertrautheit mit den Dingen
Pinakothek der Moderne, München 12.07.2019 — 13.10.2019
Museum Fokwang, Essen 21. Februar – 1. Juni 2020